Bild: Philip Behrendt

Die Roten Berge sind in Franz Josef Degenhardts RomanZündschnüreSchauplatz eines gesamten Kapitels.

Degenhardt schickt seinen Protagonisten Fäna Spormann auf den gefährlichen Weg durch die Roten Berge, um einen Botengang zu erledigen. Dort trifft er zwangläufig auf Abbatz den Stotterer, der mit seiner Mutter und seinen Schwestern in den Roten Bergen wohnt und die Gegend kontrolliert:

„Abbatz, so um die Zwanzig, war unberechenbar, bekam manchmal Anfälle und schlug dann alles um sich herum kaputt. Mit vierzehn hatte er einen Mann erwürgt, war einige Jahre dafür im Lager gewesen, dann ließ man ihn laufen und machen, was er wollte. Viele wunderten sich darüber, weil das nicht die Art war, wie Faschisten mit solchen Kranken umgingen. Bei richtiger Ãœberlegung war das aber gerade nicht dumm von denen: Die Roten Berge, voll mit Stollen, Gruben und Höhlen, waren das beste Versteck, das man sich denken konnte für flüchtige Leute, überall rundherum lagen die Lager von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen, und Abbatz ließ in seinem Gebiet niemanden leben, außer natürlich seine Mutter, seine Schwestern und Tiere. Entweder schlug er Eindringlinge sofort krank oder tot, wie damals den entflohenen Polen Polanski, oder er schleppte sie, wenn es dafür eine Belohnung gab, zu den Bullen.“ (S.128)

Bei den beschriebenen Roten Bergen handelte es sich um Abraumhalden, die aus dem frühen Bergbau in der Region resultierten. Besonders zu nennen sind hier die Hartkort’schen Werke der Hagener Industriellenfamilie Harkort, die im Ruhrgebiet insgesamt sehr umtriebig war. Schon zu Zeiten der Romanhandlung waren allerdings sowohl der Bergbau als auch die Werke bereits außer Betrieb. Später befand sich auf dem Gelände eine Müllkippe. Heute ist ein Fußballplatz in diesem Gebiet nach den Roten Bergen benannt. Ebenso befindet sich ein Krankenhaus auf dem noch immer hügeligen, aber nicht mehr roten Gelände. An die Bergbau- und Industrievergangenheit erinnern lediglich noch die Straßennamen Am alten Schacht und Harkortweg.

(pb)

Degenhardt, Franz Josef: Zündschnüre. Hamburg: Hoffmann & Campe 1973, S. 127 ff.

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