Der Schriftsteller Max von der Grün war von 1951 bis 1964 auf der Zeche Königborn im Kreis Unna als Bergmann tätig. 1958 wurde er dort während der Arbeit zusammen mit fünf weiteren Arbeitern für 36 Stunden verschüttet. Dieses Erlebnis war der Auslöser für die Entstehung seines Romans Männer in zweifacher Nacht, der 1962 veröffentlicht wurde. Der Roman gilt als eines der ersten und wichtigsten Werke der neuen Industrie- und Arbeiterliteratur und beschäftigt sich mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Bergmänner und ihrer Familien im Ruhrbergbau der 1950er und 1960er Jahre.

Die Romanhandlung beginnt mit der Einfahrt der Bergleute nach den Weihnachtsfeiertagen. Der angehende Theologe und Werksstudent Johannes Brinkmann fährt zusammen mit den Bergmännern „Stacho“ Hubalek und Josef Kießling ein. Während ihrer Schicht kommt es zu einem schweren Steinschlag. Die Drei können sich zwar retten, doch sie sind im Schacht eingesperrt und Kießling ist verletzt. Sie haben keine Möglichkeit sich selbst zu befreien, sondern müssen auf Rettung von draußen warten. Wasser, Nahrung und Luft werden mit der Zeit knapp und Kießling erliegt seinen Verletzungen. Währenddessen kommt es zwischen Stacho und Johannes immer wieder zu Konflikten um die Ressourcen sowie um die Themen Glaube und Arbeit. Johannes hatte vom erfahrenen Bergmann in dieser brenzligen Situation Führung erwartet, doch Stacho, genervt von Johannes und seinen Fragen, begegnet ihm zunehmend ablehnend mit Zynismus und Wut. Es wird deutlich, dass diese Situation auch einen erfahrenen Bergmann überfordert.

Besonders sticht der Konflikt zwischen dem Arbeiter Stacho und dem Akademiker Johannes hervor. Stacho hält nur körperliche Arbeit für ehrliche Arbeit. Infolgedessen kann er Johannes nicht ernst nehmen, schon gar nicht in dieser Situation. Er wirft Johannes vor, seine ganze Bildung helfe in dieser Situation nicht einmal, um ihre Überlebenschancen zu kalkulieren. Während die Tage vergehen und der Jahreswechsel immer näher rückt, spitzt sich der Konflikt im weiteren Romanverlauf über blutige Auseinandersetzungen bis zu Mordphantasien und dann sogar -versuchen immer weiter zu.

Im Gegensatz zu diesem sehr kammerspielartigen Handlungsstrang in drei Kapiteln wird die Nebenhandlung in zwei deutlich kürzeren Kapiteln eingestreut. Hier agieren Figuren außerhalb der Unglücksstelle unter Tage. Protagonisten, wie der Betriebsführer der Zeche, seine Tochter, die offenbar eine Beziehung zu Johannes hat, Johannes’ Mutter und Stachos Frau sind hier die handelnden Figuren. Ihr Umgang mit dem Unglück auf der Zeche und ihr tatenloses Zusehenmüssen werden thematisiert.

An einer Stelle des Romans wird eine Art Beichtszene geschildert. Während Johannes schläft, erzählt Josef Stacho einige unrühmliche Anekdoten aus seinem Leben. Eine handelt von einem Erlebnis in der Dortmunder Linienstraße, einer bekannten Bordellstraße, bei deren Besuch er tatsächlich in Eile einmal seine Unterhose vergaß, welche ihm die Protituierte aber prompt frisch gewaschen ins „Bullenkloster“ brachte.

(Nele Drescher & pb)

Grün, Max von der: Männer in zweifacher Nacht. Recklinghausen: Paulus 1962.

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