Das Lokal „Zornige Ameise“ existiert in Essen tatsächlich. Allerdings nicht im armen Norden der Stadt, in Altenessen, wo es Jürgen Lodemanns Roman ansiedelt, sondern direkt an der Ruhr zwischen Steele und Heisingen, im reichen Süden. Es trägt seinen Namen angeblich, weil es einmal eine launische Wirtin hatte, eine „Migampel“, mundartlich für: zornige (eigentl.: pinkelnde) Ameise. In eine Kneipe dieses Namens zieht sich Kommissar Rudolf Langensiepen zurück, um über den Mord an der Prostituierten Anita Drögemöller nachzudenken – und begründet damit das erfolgreiche Genre des Ruhrgebietskrimis, der mit typischen Örtlichkeiten operiert:

„Verschmierte Risse in den Häuserwänden, Schlammteiche, Ödland. Kinder, die kleinere „verwahrten“. Und dann, kurz vor dem Rhein-Herne-Kanal, sah er die Eckkneipe. Die rote Werbeschrift hatte die Firma Coca-Cola gestaltet: „Gastwirtschaft zur Zornigen Ameise“. „Wat willzänn hier? Kannz mir dat ma vorraten?“ […] Er ging an den erfolgreichen Rauchern vorbei, ging zur Kneipenecke, stieg die drei ausgetretenen Stufen hinauf, öffnete die Tür mit den schief eingelassenen Glasfenstern, hob den dunklen fettigen Windfang auseinander […] Er verzog sich in einen hinteren Winkel. In der Ecke neben ihm hinter Strohblumen das Schild „Gemütlichkeitsverein Drei Rosen“. Handgemalt. Auch davon hatte die Dröge erzählt. In einem anderen Winkel Fotos, Wimpel und Pokale. Von Oma Wutke nichts. […] Langensiepen sah und roch, beroch die Pinte, den Boden, die Tischdecken, sah die Musikbox und den Spielautomaten und entdeckte im finstersten Teil des Raumes nun auch die faltbare Schiebewand zu jenem Nebenraum. Er versuchte sich zu erinnern.“ (S. 12-14)

(sh)

Jürgen Lodemann: Erinnerungen in der Zornigen Ameise an Geburt, Leben, Ansichten und Ende der Anita Drögemöller und Die Ruhe an der Ruhr. Zürich: Diogenes 1975. (zit. nach: Lizenzausg. des Dt. Bücherbundes. Stuttgart u.a. o.J. [1975]).

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