Bild: Philip Behrendt

Besonders leicht ist unsere Arbeit hier, wenn uns andere die besonders kniffeligen Aufgaben abnehmen. Oft ist es schließlich überhaupt nicht so trivial, die Handlungsorte aus dem Text zu erschließen, wenn ein Autor partout keine konkreten Namen zu nennen bereit ist. Erschwerend käme in diesem konkreten Fall hinzu, dass wir den Verfasser nicht dazu befragen könnten, wir kennen ihn nämlich nicht. Niemand kennt ihn: Der anonym verfasste, autobiographische Text ist ein Zufallsfund aus dem Herner Stadtarchiv.

Der Herausgeber Ralf Piorr musste sich also auf eine Spurensuche, in erster Linie nach dem Namen des unbekannten Verfassers, begeben. Diesem ist er zwar im Laufe der Recherche nicht nähergekommen, doch hat er uns dankenswerterweise auf dem vermeintlichen Weg dorthin den Arbeitsschritt der Handlungsverortung abgenommen, welche im übrigen auch nicht so ganz simpel zu recherchieren gewesen wäre:

Das Flöz Luise, bearbeitet von Kumpeln des Bergwerks Vereinigte Höhen und Tiefen, ist zwar ein real existierendes Flöz im Ruhrgebiet, der Name der Zeche beruht aber auf Erfindung des unbekannten Autors. Anhand diverser Hinweise hat Piorr es allerdings geschafft, deutliche Parallelen von Vereinigte Höhen und Tiefen zu den Bochumer Zechen Hannover und Hannibal zu ziehen.

Man könnte jetzt aufgrund dieser langen Herleitung meinen, das Bergwerk spiele in der autobiographischen Erzählung eine übergeordnete Rolle: Das tut es nicht. Hier hat der Tod diese Rolle inne. Ob Staublunge oder Grubenunglück: Luise lässt niemanden davonkommen. Doch bis auch der Letzte gestorben ist, schildert der Erzähler das Leben und Arbeiten der Bergmänner auf Vereinigte Höhen und Tiefen in der Zeit des Dritten Reichs so nüchtern wie eindrucksvoll.

(pb)

Piorr, Ralf (Hg.): Die Männer von Luise. Erzählung eines unbekannten Bergmanns. Essen: Klartext 2017.

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