Roland Förster hat ein Problem: Er ist ein Schriftsteller, der mitten in einer Schaffenskrise steckt. Sein aktuelles Buchprojekt ist auch nach Wochen ĂŒber eine Titelidee und ein paar wenige SĂ€tze nicht hinausgekommen. Zudem steht er unmittelbar vor seinem fĂŒnfzigsten Geburtstag. Der ideale Zeitpunkt fĂŒr eine ordentliche Midlifecrisis. Das denkt sich zumindest FrĂ€nge, einer von Försters besten Freunden, und fĂ€ngt prompt etwas mit der nicht mal halb so alten Peggy an. Zum Unmut aller Umstehenden.

Schnell wird klar: Es mĂŒssen alle mal dringend raus aus der gewohnten Umgebung. Ein Brief aus der Vergangenheit eröffnet Förster eine Option:

„Als sie zu Hause ankamen, stand Frau Strobel vor der offenen HaustĂŒr, als bewachte sie den Eingang oder sorgte sich darum, jemand könne einen Teil des Gehweges stehlen.
‚Herr Förster!‘, rief sie. ‚Und Herr...‘
‚Kulenkampff‘, sagte Dreffke.
‚Nein, nein‘, sagte Frau Strobel, ‚Sie sind der aus dem zweiten Stock, wo frĂŒher der Polizist gewohnt hat!‘
‚TouchĂ©!‘, sagte Dreffke.
‚Ach was, der hieß anders. Aber egal, verwirren Sie mich nicht! Herr Förster...‘
‚Eine Frage hĂ€tte ich noch, Frau Strobel‘, unterbrach Dreffke sie. ‚Wieso mĂŒssen Sie bei ihm nie nachdenken, wie er heißt? Seinen Namen vergessen Sie nie! Wieso?‘
‚Können Sie sich das nicht denken, Herr...‘
‚Nein, kann ich nicht!‘
‚Dann kann ich Ihnen auch nicht helfen‘, beendete Frau Strobel das Thema mit einem Ton, der klang wie scharfe Politur riechen mochte, aber das wusste Förster nicht so genau, er hatte keine Möbel zum Polieren. ‚Herr Förster, Sie mĂŒssen endlich mal diesen Brief lesen, den ich bekommen habe.‘“ (S. 160)

Der Brief offeriert eine Reise an die Ostsee. Das sind zwar nicht die Ă€ußeren Hebriden oder gar das Outback, aber zumindest ist die Ostsee ein Meer. Und am Meer, so weiß Förster von seiner Frau, da geht immer die Post ab. Nur gut, dass FrĂ€nge sich anstelle eines Sportwagens kĂŒrzlich einen Bulli zugelegt hat, denn die Reisegruppe wird deutlich grĂ¶ĂŸer als zunĂ€chst gedacht.

Leider lĂ€sst sich dieser Roman Frank Goosens nicht so ganz genau verorten. Ein paar Hinweise auf das Ruhrgebiet gibt es allerdings schon. So haben sowohl FrĂ€nges als auch Försters Frauen, die beide kĂŒnsterlisch tĂ€tig sind, Ateliers und WerkstĂ€tten auf dem GelĂ€nde eines ehemaligen Stahlwerks, welches komplett demontiert und nach China verkauft wurde. Dies erinnert stark an die Demontage der Dortmunder WestfalenhĂŒtte, welche 2002 den langen Umzug nach China antreten musste.

In einer Episode relativ zu Beginn der ErzĂ€hlung fahren Förster, FrĂ€nge und Peggy zu einer Geburtstagsfeier nach Köln. Die vermutete Verortung der Romanhandlung im Raum Dortmund sowie die ErwĂ€hnung der A1 lassen darauf schließen, dass die Protagonisten das Ruhrgebiet auf dem Weg nach Köln am Autobahnkreuz Wuppertal-Nord verlassen haben.

(pb)

Goosen, Frank: Förster, mein Förster. Köln: Kiepenheuer und Witsch 2016.

Zitat aus: Frank Goosen „Förster, mein Förster“ © 2016 by Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln

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